Fossiler Ausschluss nicht ambitioniert genug, Transparenz bei Menschenrechten ausbaufähig: Unser Gegenantrag

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2023

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der Hannover Rück SE kommt weiterhin nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Schutz von Klima und Menschenrechten umzusetzen.

Klimaschutz: Ausschluss von Öl und Gas weiterhin nicht ambitioniert genug

Der ab Mitte 2022 geltende Ausschluss fakultativer Rückversicherung für Exploration und/oder Erschließung neuer Öl- und Gasreserven sowie für direkt daran angeschlossene Infrastrukturprojekte ist sehr positiv. Um seiner Verantwortung für die Einhaltung der 1,5°C-Grenze des Pariser Klimaschutzabkommens gerecht zu werden, muss Hannover Re jedoch weiter gehen und auch neue Öl- und Gasinfrastrukturprojekte wie Flüssiggasterminals und weiterführende Pipelines sowie neue Öl- und Gaskraftwerke ausschließen, auch wenn diese nicht direkt mit neuen Öl- und Gasfeldern verbunden sind.

Der Bau neuer Öl- und Gasinfrastruktur legt die jahrzehntelange weitere Nutzung fossiler Energiequellen fest und kann durch erhöhte Nachfrage zur Erschließung neuer Öl- und Gasfelder führen, was nicht mit dem 1,5°C-Limit vereinbar ist. Aufgrund der Bedeutung von Rückversicherern für die Realisierbarkeit von Energieprojekten liegt hier eine entscheidende Verantwortung auch bei der Hannover Rück.

Rainforest Action Network und Public Citizen veröffentlichten im Februar 2024 einen Bericht, in dem Versicherer von LNG-Terminals in den USA genannt werden.[1] Ein Syndikat von Hannover Re bei Lloyds of London ist an der Versicherung des Tacoma LNG-Terminals in Washington State beteiligt, das noch ausgebaut werden soll.

Der Ausschluss von Unternehmen bei Investitionen von 25 Prozent bei Ölsanden und 10 Prozent von Öl- und Gasförderung in der Arktis ist nicht besonders effektiv, denn diese Kriterien erlauben es Hannover Re, immer noch in bedeutende Akteure in diesen Bereich zu investieren. Laut Global Oil and Gas Exit List von urgewald gehören dazu auch jene Unternehmen, die in großem Stil an der Expansion von Öl- und Gasförderung beteiligt sind, wie z.B. Eni, Exxon, Total Energies, Neptune Energy, Sval Energi und DNO ASA im Bereich Arktis. Im Bereich Ölsande sind es z.B. Conoco Philipps, Exxon, International Petroleum Corporation, Korea National Oil Corporation oder Total Energies.

Kohleausstieg 2038 nach wie vor zu spät

Beim Kohleausschluss arbeitet Hannover Rück daran, bis 2038 im gesamten Schaden-Rückversicherungsgeschäft Kohle auszuschließen, also auch über die Einzel-Rückversicherung hinaus zu gehen. Das Datum 2038 wird jedoch der Klimawissenschaft nicht gerecht, die einen Kohleausstieg bis 2030 in der EU und OECD-Ländern und bis 2040 für den Rest der Welt fordert.

Menschenrechte: Transparenz und Anerkennung internationaler Standards ausbaufähig, etwa bei den Rechten indigener Völker

Vor dem Hintergrund, dass sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) vehement auf nationaler und europäischer Ebene gegen eine effektive, gesetzliche Regelung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten der Versicherungswirtschaft einsetzt, ist die Anerkennung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und damit von Sorgfaltspflichten entlang der eigenen Wertschöpfungsketten durch Hannover Re positiv zu bewerten.

Die Grundsatzerklärung der Hannover Rück zur Achtung der Menschenrechte sollte allen vorgelegt werden, die meinen, der Finanzsektor bräuchte im Gegensatz zur Industrie keine einheitlichen Regeln. Basierend auf der eigenen Risikoanalyse hat Hannover Re für das eigene Rückversicherungsgeschäft das größte Risiko potentieller Auswirkungen auf Menschenrechte bei großen Bauprojekten wie Staudämme, Minen und Pipelines, den Betrieb von Minen sowie Unternehmen, die in Verbindung mit international geächteten Waffen stehen, identifiziert.

Es ist inkonsequent, dass Hannover Re zwar u.a. schwerwiegende Verstöße gegen die Rechte indigener Völker in das eigene ESG-Manual und ESG-Screening aufgenommen hat, die explizite Anerkennung der ILO-Konvention 169 und UN-Deklaration der Rechte indigener Völker mit deren Konsultations- und Zustimmungsrechten in der Grundsatzerklärung hingegen unterlässt.

Im Geschäftsbericht legt Hannover Re zudem nicht transparent dar, ob bzw. in welchem Umfang etwaige konkrete umwelt- oder menschenrechtlichen Missstände im Investment- oder Rückversicherungsgeschäft identifiziert worden sind, ob etwa Geschäfte genauer geprüft oder sogar abgelehnt werden mussten. Diese Transparenz ist wichtig, um nachvollziehen zu können, ob und wie Hannover Re die Auswirkungen und die Wirksamkeit der eigenen Maßnahmen bewertet und welche Schlussfolgerungen daraus für zukünftige Maßnahmen gezogen werden.


[1] https://www.citizen.org/news/risk-exposure-the-insurers-backing-the-lng-boom/

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